Ein Flimmern im spannenden Hintergrundrauschen des Weltgeplauders.
Niemand ist gemeint.
Neue Literatur, Prosa, Lyrik, Roman, Online Kunst, verbale Performance, Exposé, Epimetheisch, Erfundene erlogene ausgedachte Geschichten.
Wie viele andere Menschen unterliege auch ich der alltäglichen und selbstgefälligen Täuschung, alles mich betreffende und von mir ausgehende völlig zu reflektieren, verstehen und beherrschen zu können. Nun ja, Pustekuchen…
Gelegentlich entstehen textliche Skizzen, die im Entstehungsprozess eigentlich nur einen entrückten Moment widerspiegeln und nahezu inkohärent sind. Nach einiger Zeit tritt bei diesen Arbeiten die initiale Stimmung oder Idee bis zur Auflösung zurück und hinterläst nach jeder neuen Rezeption einen anderen, erratischen Eindruck. Vor einiger Zeit ist mir der wesenhafte Zusammenhang der folgenden fünf Texte aufgefallen, obschon ihre Entstehung viele Jahre auseinanderliegt. Nebeneinander bekommen sie ein merkwürdige Konsistenz, in der klar wird, in welcher Tonlage &-art diese Texte gelesen werden wollen.
August 2o25
Die Feedbackschleife meiner anderen Stimme verheimlicht nicht, dass ich weiterhin unvollendeten bin. Also jage ich wieder den arglosen Drachen aller vergangenen Tage durch die Korridore meiner schütteren Aufgaben. Doch werde ich nicht aufschauen, denn sonst würde ich ihn sehen, wie er mitleidig über der Firewall meiner Wirklichkeit flattert, während ich mich auch in seiner Schnur verheddere. Dabei spüre ich sie, die Länge der Erschöpfung, die Kürze des Atems, das Pendel der Resignation. Jedoch sind der Drache und ich uns einig: Ich habe keine Rolle und er spielt sie nicht. Und da Reue nur eine weitere Illusion ist, bleibt es mein Prärogativ, beide zu ignorieren - in grimmiger Heiterkeit.
Der Tag kommt - dieses hinterlistige Versprechen einer beschlossenen Gegenwart. Bedeutet Aufgeben, sich einer Illusion hingeben, einer Sehnsucht, die besser unerfüllt bleiben sollte? Du nennst es Feigheit, doch ich kann nicht lächeln über diesen Vorwurf, über diese Eigenliebe, die nicht für mich bestimmt war. Denn ich sehe dich und erkenne nichts: Eine hilflose Langeweile, eine Handvoll Melancholie, zerstreut am Ende meiner Erinnerung.
Einen Grund wollte ich haben und erhielt eine Frage, deren Sinn ich nicht verstand und die mich blendete, als ich meinen Weg verlor. Verführt von einer fremden Schwäche habe ich dem Suchen mehr geglaubt, als den Händen, die mich halten wollten. Und als der erste Tag erwachte, an dem ich die Welt ohne Ausweg sah, war es das Ende der Wirklichkeit.
Im inneren Rückspiegel eines viel zu großen Sommers - mit träge flirrenden Tagen und zwei invasiven Nächten - sehe ich eine gleichförmige Gegenwart ereignisfrei vor sich hin mäandern. Und während ich mich befrage, ob dieses halbe Blindschleichen beruhigend oder betäubend ist, holt mich ein selten gewordenes Geräusch aus meinen ungeteilten Gedanken.
Es ist der Herbst und er will sie zurück, die geliehenen Spinnen unter meiner Haut, welche nie eine Hand waren, die ich hätte spielen können. Wer wagt den Bluff, wer sagt ihm »Nein, nicht heute«? Denn schon immer hatte er zwei geheime Karten, doch mir zeigte er nur eine.
Habe ein Versprechen gegeben.
So eines, wozu andere einen Ring brauchen,
eine hübsche Kirche, ein weißes Kleid.
Nun ist das Versprechen zurückgegeben,
- die fehlende Luft hat's verraten -
es wurde in der Fremde des Fremden gewahr,
von dem es sich mehr verspricht.
Aber es weiß wohl nicht, ein Versprechen ist
nicht zurückgebbar.
Man kann ein Versprechen nur brechen
und brechen kann ein Versprechen nur der,
der das Versprechen gab.
Habe keinen Ring, keine Kirche und kein Kleid.
Nur mein Wort, dieses Versprechen,
das ich nicht brechen kann,
weil ich es ohne nicht zu brechen vermag.
Ein edel devotes Warten?
Denk es, fühl es, sag es
nicht und nicht und nicht.
Tanze die langen Tage atemlos
ganz für mich und gänzlich nackt
meine Synkopen im engsten Garten.
Der Spaziergang unter alten Bäumen erneuert mich heute nicht, bleibt eine erschöpfende Notwehr auf Schotter zwischen unbesprungenen Grasdecken. Die um mich herum Liegenden kenne und vermisse ich nicht, während mich ihre Moai, diese Wegelagerer der Tristesse, von allen Seiten anlügen. Perspektivlos glotzen sie mich an, weil ich kein Korsett aus Ritualen trage, unter dem mein Fleisch schlaff und käsig wird, und dabei sehen sie ihre falsche Version von mir, in der ich glauben soll, unwiderbringliche Erinnerungen seien besonders wertvoll.
Der Wert meiner Vergangenen liegt in den sichtbaren und unsichtbaren Narben, die sie mir schenkten, in meinen durch sie erworbenen Reflexen gegenüber allem Neuen in dieser Welt und wie ich es umarme, so wie ich sie umarmte. Meine Trauerarbeit ist reserviert für unsere fehlende Zukunft und entleert sich auf diesem schmalen Weg in eine enge Gegenwart. Da ist wenig Platz für diese nöligen Grabsteine und es bleibt nicht viel übrig für ihre Bettelei nach Aufmerksamkeit oder ihren fancy Epitaphien. Denn alles, was über meine Zurückgelassenen gesagt werden kann, bin ich selbst, und sie werden niemals wirklich zurückgelassen sein, solange ich weiter gehe.